Thyreoititis Riedel
Diese Thyreoiditis ist so besonders, dass Schilddrüsenexperten sie praktisch nur theoretisch kennen. Auch ich habe nur 3 Fälle gesehen. Einer davon wird hier exemplarisch dargestellt: Es ist ein besonderer Fall.
Eine 46- jährige Patientin meldet sich mit Schmerzen im Hals in Schilddrüsenhöhe rechts betont. Bei einer FNP habe man (auswärts) keine Hinweise auf Malignität gefunden, eine Kontrolle bei nicht ganz klarem Befund wurde jedoch empfohlen.
Die Patientin wirkt klinisch euthyreot. Die Schilddrüse ist relativ derb, man tastet aber keine Knoten
Die Schilddrüse ist grenzwertig groß. Das Parenchym ist grob strukturiert und relativ echoarm. Ein eindeutiger Knoten ist sonographisch bei der jetzigen Untersuchung nicht nachzuweisen, diffus verteilt sind aber fleckig inhomogene echoarme Zonen im rechten Schilddrüsenlappen paraisthmisch rechts caudal und zentral/dorsal nachzuweisen. Diese echoarmen Zonen lassen sich teilweise messen, zumeist sind sie aber unscharf abgegrenzt.
Da die Patientin nur zur Sonographie überwiesen worden ist, konnten keine In-vitro-Werte bestimmt werden und keine weiteren diagnostischen Maßnahmen erfolgen. Die mitgebrachten Werte sprachen aber für eine Euthyreose. Antikörper wurden in der Vergangenheit nie nachgewiesen.
(Offenbar hatte der Hausarzt die Diagnostik und Behandlung selber durchführen wollen; Er war aber mit diesem Fall nicht klar gekommen.)
Beurteilung:
Die Synopsis der Befunde, der Verlauf und die aktuellen Beschwerden der Patientin lassen sich nicht so ohne weiteres einer typischen nosologischen Entität zuordnen. Am ehesten lässt sich alles zusammenfügen, wenn eine atypisch verlaufende subakute Thyreoiditis DE QUERVAIN vorliegt.
Es sollten noch weitere Befunde erhoben werden, z.B. eine Bestimmung der Leukozytenzahl und der Blutsenkung. Für eine subakute Thyreoiditis DE QUERVAIN spricht insbesondere die Tatsache, dass trotz sonographischer Hinweise auf eine entzündliche Reaktion keinerlei Antikörper vorhanden sind und weiterhin die Tatsache, dass auch die Schilddrüsenhormonwerte keine schwerwiegende Veränderung aufweisen. Auch die lokalen Schmerzen der Patientin sprechen hierfür, allerdings wäre ein deutlicheres Beschwerdebild zu erwarten.
Die Konsequenz nach der 1. Untersuchung:
Die Therapie sollte zunächst symptomatisch sein. Ein Antirheumatikum (Diclofenac) kann evtl. schon in ausreichender Weise eine Linderung herbeiführen.
Eine Kontrolle der Stoffwechselwerte sollte in 8 Wochen erfolgen, denn es ist möglich, dass sich diese kurzfristig ändern. Zu diesem Zeitpunkt könnte man auch die Sonographie wiederholen.
Ergebnis: Eine subakute Thyreoiditis DE QUERVAIN kann ausgeschlossen werden. Die Blutsenkung und die Leukozytenzahl sprechen dagegen.
In-vitro-Diagnostik vom 06.07.06:
Freies Trijodthyronin(fT3)RIA: 3,6 pg/ml (normal)
Freies Thyroxin(fT4)RIA: 1,7 ng/dl (normal)
TSH-basal: 0,04 µIU/ml (supprimiert)
Anti-TPO: 11,4 IU/ml (noch normal)
Stopp: Welche Erkrankung könnte vorliegen? – Es wurde jetzt auch die Möglichkeit einer sogenannten
RIEDEL – Thyreoiditis gedacht.
Ergebnis der FNP aus dem rechten Schilddrüsenlappen: (Zytologischer Befundbericht von Prof. Bollmann aus Bonn: (M 1212/06)
„Diagnose: Zellarmes Schilddrüsenpunktat ohne Malignitätsverdacht.
Mikroskopie: Mikroskopisch erkennt man in dem Monolayer-Präparat ein relativ zellarmes Material mit wenig Kolloid, einzelnen, teils zu kleinen fetzigen in Gruppen zusammengelagerten monomorphen Thyreozyten sowie einzeln liegenden Thyreozyten, diese ohne Atypien und wenigen Thyreomakrophagen. Zellatypien finden sich nicht. Papilläre oder follikuläre Strukturen nicht abgrenzbar.“
Dem Cytologen wird die Verdachtsdiagnose mitgeteilt. Mit neuen Aspekten kommt der :
- Nachtrags-Bericht (klinisch wurde an die Möglichkeit einer RIEDEL-Struma gedacht.)
„Wir haben uns das heutige sowie das früher untersuchte Präparat (M 912/06) noch einmal angesehen und können dabei einzelne Zellen erkennen, die offenbar fibrocytärer Natur sind. Derartige Fibrocyten werden im Schilddrüsenpunktat relativ selten angetroffen und könnten durchaus auf die Möglichkeit einer RIEDEL-Struma hinweisen.“
Weder aus dem Verlauf noch aus dem Beschwerdebild noch aus den erhobenen Befunden lässt sich verbindlich eine Diagnose stellen. Es gibt insgesamt aber soviel Verdachtsmomente für das Vorliegen einer invasiv – sklerosierenden Thyreoiditis (RIEDEL-Struma), dass eine invasive Maßnahme gerechtfertigt ist; der Leidensdruck der Patientin ist auch ausreichend hoch, sodass sie einer operativen Maßnahme zustimmt. Da die von RIEDEL beschriebene sklerosierende und invasiv fibrosierende Thyreoiditis eine ausgesprochen seltene Erkrankung ist, fehlen zumeist Erfahrungen. Man weiß aber, dass die Diagnose eigentlich nur histologisch gesichert werden kann.
Die Patientin wird thyreoidektomiert. In den weiteren Untersuchungen gibt sie keine lokalen Beschwerden an. Sie wird mit Schilddrüsenhormonen eingestellt.
Die RIEDEL-Thyreoiditis wird histologisch bestätigt:
„Auswärtige K-Nr.: 16371-6 (9x), 16382-06). (Uni Köln)
Wie Prof. Dienes … vermerkt, wurde eine sklerosierende Thyreoiditis diagnostiziert.
„Wie aus den früher überlassenen Berichten hervorgeht, kann ich mich allerdings auch davon überzeugen, dass hier eine echte Riedelstruma ganz ungewöhnlicher granulomatöser Komponente besteht und man epikritisch hier anmerken muss, dass die Punktionen in den stärker sklerosierten Abschnitten erfolgten.“
Prof. Dr. med. Reinhard Bollmann“